Öffentliche Gebäude in Ziegelarchitektur prägen noch heute das Erscheinungsbild der meisten Städte im Ostseeraum. Ihre üppig verzierten Fassaden legen ein beeindruckendes Zeugnis der einstigen Leistungsfähigkeit pommerscher Ziegelbrennereien ab.
Zu einer besonders starken Akkumulation von Ziegeleien, sowohl als eigenständige Betriebe als auch landwirtschaftliche Nebenbetriebe, kam es in den Kreisen Ueckermünde (55 Ziegeleien) und Randow (37 Ziegeleien) des ehemaligen Regierungsbezirks Stettin. Wegen ihrer verkehrsgünstigen Lage am Wasser sowie dem Tonreichtum waren die Standortbedingungen vor allem an Uecker und Haffküste geradezu ideal.
Bis in die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts ist die Tradition des Ueckermünder Ziegelreviers belegt. Dr. Nicolaus Genzkow (von 1555-1576 Bürgermeister zu Stralsund) notierte in seinen Tagebüchern unter dem 29. Mai 1562 den Empfang von Ueckermünder Ziegelsteinen. In den Autographen des Herzogs Ernst Ludwig von Pommern-Wolgast (1545-1592) aus dem Jahr 1579 finden wir Hinweise auf einen Ziegelofen in Jatznick. Seine Blüte entfaltete das Ueckermünder Ziegelrevier jedoch etwa 300 Jahre später.
Während die Ueckermünder Heide zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch über etwa zehn Ziegeleien verfügte, stieg ihre Zahl nach 1860 sprunghaft an. Bis 1900 sind im Ueckermünder Ziegelrevier etwa 63 Werksgründungen zu verzeichnen. Zwei Erfindungen revolutionierten neben dem Einsatz der Dampfkraft die Ziegelherstellung: der Ringofen (1858) von Friedrich Eduard Hoffmann und Julius Albert Gottlieb Licht sowie die Ziegelpresse (1854) von Carl Schlickeysen.
Ziegel konnten nun kostengünstig in großen Mengen und mit konstanter Qualität hergestellt werden, denn in den Gründerjahren stand die Ziegelindustrie einem enormen Bedarf an Steinen gegenüber.
Der »Pommersche Industrie-Verein auf Actien« (PIV) der Familie Quistorp betrieb mit der 1872 gegründeten Dampfziegelei Berndshof das größte Ziegelwerk in der Heide. Zum PIV, der mit seinen Zementfabriken in Lebbin und Wolgast auch einer der größten Portland-Zement-Hersteller in Deutschland war, gehörten außerdem ein Ziegelwerk sowie eine Schamottefabrik bei Stettin. Um 1900 verfügte die ehemalige preußische Provinz Pommern über 396 Ziegeleien in denen etwa 7.500 Arbeiter eine Beschäftigung fanden.
1997 erlosch das Feuer im letzten Ringofen der Ueckermünder Heide. Unzählige Rudimente des ehemaligen Ziegelreviers sind in unterschiedlichen Graden erhalten. Ihre Erforschung und Dokumentation im Rahmen unseres Projekts »Pommersche Tonstraße« welches im Juli 2010 begann, soll dazu beitragen der Region eine angemessene Identität zu geben.